Hoch gehen derzeit die Wogen wegen einer neuen App zur Beurteilung der Lehrerschaft. Besonders amüsiert hat mich dabei ein Kommentar, veröffentlicht in einer Tageszeitung, wo eine Lehrerin ziemlich aufgebracht kommentiert: "In einer Zwangsgemeinschaft wie der Schule wäre die Beurteilung der Lehrer natürlich blanker Nonsens, weil das würde natürlich auf Mobbing hinauslaufen".
21.11.2019
Die Formulierung Zwangsgemeinschaft von einer Pädagogin finde ich schon sehr interessant. Viele sind sich ja einig, dass wir in Bezug auf die Schüler ein leistungsorientiertes und differenziertes Ausbildungssystem brauchen. Bei den Schülern, so vermute ich, würde unsere Pädagogin wohl kaum an dem Bewertungssystem rütteln wollen.
Die einzelne Zahl der Note zeigt ja im Grunde auch nur die Einschätzung des Lehrers im Vergleich der Kinder zueinander. Ich will hier auch gar keine Lanze für eine notenfreie Schule brechen. Aus eigener Erfahrung mit unseren Kindern weiß ich ob der motivierenden Wirkung von Noten, und andererseits ob der Verwirrung bei anderen Beurteilungssystemen, die zwangsläufig dann immer in der Frage enden: "Und welche Note wäre das jetzt?"
Aus meiner Sicht streift diese Debatte ja nur eine ganz andere Problematik, um die es dabei tiefgründiger geht: es fehlt an einem Feedbacksystem. Es gibt offensichtlich ein starkes Bedürfnis nach Feedback. Dies betrifft ja nicht nur die Schulen, sondern auch alle anderen Bereiche, wo eine solche Bewertung längst in unseren Alltag eingeflossen ist: zum Beispiel selbsternannte Restaurantkritiker, Taxi-Bewertungen (Uber), Ärzte, Firmen, Tripadvisor und viele mehr.
Ich denke, wir sollten an einer Feedback-Kultur arbeiten. Ein wesentlicher Punkt dabei: konstruktive Vorschläge mitgeben! Kritisiert ist ja schnell einmal etwas, aber wie könnte es anders laufen? Was würde man sich wünschen? Wie sollte es anders funktionieren?
Ich möchte nochmals diesen furchtbaren Begriff der Zwangsgemeinschaften strapazieren. Wenn man diesen Denkansatz verfolgt, dann frage ich mich: Wo enden die Zwangsgemeinschaften? Ist nicht jede höhere Schule auch eine solche, wenn man eine entsprechende berufliche Laufbahn anstrebt? Was ist mit dem Arbeitgeber? Zwingt nicht viele der simple Zwang nach finanziellen Mitteln in eine solche Gemeinschaft? Wohlwissend, dass man irgendwann im Leben falsch abgebogen ist und daher nicht seinen Traumberuf ergreifen konnte. Wer kann sich seine Kollegen aussuchen? Ist das nicht genauso eine Form der Zwangsgemeinschaft?
Wenn wir den Gedankengang der eingangs zitierten Pädagogin folgen würden, wäre auch in diesen Verbindungen Feedback und Rückmeldung strengstens untersagt.
Und noch ein anderer Aspekt wird aus meiner Sicht in dieser Diskussion überhaupt nicht berücksichtigt: Wer sagt, dass dieses Feedback immer negativ sein muss? Es liegt der Verdacht nahe, dass jene, die jetzt am lautesten gegen so ein System wettern, jene sind, die ein solches zurecht zu befürchten hätten.
Ernst Ferstl hat einmal gemeint: "Das Vergnügen, andere mit Lob zu überschütten, sollten wir uns viel öfter gönnen."
Also ich kenne einige Lehrer und Lehrerinnen, von denen ich überzeugt bin, dass ihnen TOP-Bewertungen nur so zufliegen würden und zwar absolut berechtigt.
Business-Concierge und Charakter Trainer
Sei der erste der kommentiert