Wem diese Bezeichnung allerdings zu allgemein oder gar zu abwertend klingt, kann ohne weiters zwischen Tausendschön, Maßliebchen oder gar „Bellis perennis“ wählen, denn so wird die „immer wiederkehrende Schönheit“ im Umgangssprachlichen bzw. botanisch gewürdigt.
19.05.2022
Wie dem auch sei, eines ist sicher: ohne die weißgelben Farbtupfer im sattgrünen Gras wäre jede Frühlingswiese unvollkommen.
Kein Wunder also, wenn keine geringere als die germanische Frühlingsgöttin Ostara selbst, ihre schützende Hand über den kleinen Wirbelwind hielt. Solange jedenfalls, bis sich dieser im Zuge der Christianisierung als „Muttergottesblümchen“ im Reigen anderer bekannter Marienkräuter etabilierte. Eine Legende nach sollen seine Blüten sogar aus den Tränen Mariens auf ihrer Flucht vor Herodes entwachsen sein.
Dass der Einsatz als Heilpflanze bereits bald nach Christi Geburt erfolgte, kann durch entsprechende Aufzeichnungen belegt werden. In der jüngeren Geschichte war es dann vor allem der bekannte Kräuterpfarrer Künzle, der die wachstumsfördernden Kräfte des Maßliebchens bei einer gestörten Entwicklung nicht genug zu loben wusste.
Interessanterweise wird das Gänseblümchen nach wie vor immer wieder in den Zusammenhang mit Kindern gebracht. Vielleicht auch aufgrund jener irischen Legende, derzufolge verstorbene Kinderseelen dieses, von Unschuld und Reinheit umwehte Pflänzchen, jede Nacht aufs Neue ins Gras streuen. So ist wahrscheinlich auch seine enorme Regenerationsfähigkeit zu erklären, die weder vor dem Federvieh noch vor dem Rasenmäher zurückschreckt.
Nur bei einer Sache lässt das Gänseblümchen nicht mit sich verhandeln. Als ausgesprochene Lichtpflanze hält es sein Blütenköpfchen demonstrativ geschlossen, wenn es Nacht ist oder regnet. Hierfür hat es sich in der Konsequenz die Bezeichnung „solis oculis“, sprich „Sonnenauge“ eingeheimst. Verständlich also, warum man im Englischen von day`s eye“ kurz „Daisy“ spricht, was so viel wie „Auge des Tages“ bedeutet.
Wenn wir uns dem Gänseblümchen aber noch einmal in seiner Funktion als Heilmittel zuwenden, so kann es wahrlich als Kraut für alle Fälle angesehen werden. Seine ausleitenden, entgiftenden und stoffwechselanregenden Eigenschaften eignen sich hauptsächlich in Verbindung mit einer körperlichen Reinigungskur. Die schleimlösenden Elemente bringen in Form von Tee, Sirup oder als Kräuterhonig bei Erkältungskrankheiten gemeinsam mit anderen Frühjahrsblühern wie Huflattich, Veilchen, Spitzwegerich und Schlüsselblume rasche Linderung.
In der Frauenheilkunde wiederum vertraut man auf eine zügige Rückbildung nach der Geburt. Seinen großen Auftritt hat das Gänseblümchen bei der Behandlung diverser Hautprobleme. Zur Salbe verarbeitet oder als Kompresse angelegt, profitieren diese vom entzündungshemmenden und zusammenziehenden Effekt, der für die Wundheilung vonnöten ist. Akne, Neurodermitis und Juckreiz sind mit einem Teegemisch aus Stiefmütterchen, Ringelblumenblüten und Gänseblümchen sowohl äußerlich in Form von Bädern als auch innerlich als Tee eingenommen, gut behandelbar. In der Naturkosmetik sorgt der zusammenziehende Effekt der Gerbstoffe gegen die Hautalterung und sollte hierfür in Form einer mit Heilerde und Gänseblümchentee angerührten Maske aufgetragen werden.
Als kleine Schwester der Arnika sagt man dem Gänseblümchen zudem nach, Blutergüsse zuverlässig aufzulösen. Auch Prellungen und die damit verbundenen Schmerzen profitieren davon.
Im psychischen Bereich kann man sich ruhig den „aufrichtenden“ und „hoffnungsweisenden“ Tendenzen anvertrauen, welche das Gänseblümchen immer wieder an den Tag legt, so oft man auch darüber hinwegtrampelt. Eine Haltung, die vor allem bei schweren Schicksalschlägen und akuten oder bereits länger zurückliegenden Traumata vonnöten ist.
Und während ich dies alles hier niederschreibe, bedauere ich beim Blick durch das Fenster hinaus auf meinen Vorgarten, Ihnen liebe Leser/IN nicht bereits früher von den geheimnisvollen Zauberkräften des Gänseblümchens erzählt zu haben. Darum merken Sie es sich für ein anderes Jahr gut! Wer nämlich die ersten 3 Gänseblümchen nach der langen Winterpause verspeist, kann sich für die nächsten Monate gegen Krankheit oder anderem Unheil schützen.
In Zeiten wie diesen ein besonderes Privileg, wie ich meine. Da stimmen Sie mir doch zu, nicht wahr?
Hildegard Kreiter war es bereits in ihrer Zeit als Lehrerin wichtig, ihren Schülern die „Wunderwelt“ Natur näherzubringen. Sie ist ausgebildete Kräuterpädagogin, Kneipp-Gesundheitstrainerin, Gartenführerin und Gedächtnistrainerin. Bereits 3 Bücher hat Hildegard geschrieben. Außerderm schreibt sie für eine Südtiroler Frauenzeitschrift, tritt im Beraterradio auf, hält zahlreiche Kurse und betreut ihre Website www.gruenundkraft.com auf der es regelmäßig Neues nachzulesen gibt.
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